Das neue Cannabisgesetz: strafrechtliche Risiken und Chancen

Seit dem 1. April 2024 gilt das Gesetz zum kontrollierten Umgang mit Cannabis und zur Änderung weiterer Vorschriften (Cannabisgesetz – CanG). Das Gesetz sieht eine Teillegalisierung von Cannabis vor mit dem Ziel, den Schwarzmarkt weitestgehend auszutrocknen und der gescheiterten Drogenpolitik zu begegnen. Durch verbesserte Aufklärung und Prävention sowie weniger verunreinigte Substanzen soll der Gesundheitsschutz der Konsumenten verbessert und dem Kinder- und Jugendschutz weiterhin Rechnung getragen werden.

1. Was ist jetzt erlaubt?

Personen, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, ist jetzt der Besitz und das Mitführen von bis zu 25 Gramm Cannabis zum Eigenkonsum in der Öffentlichkeit erlaubt. In den eigenen vier Wänden dürfen Volljährige bis zu 50 Gramm und bis zu drei Cannabispflanzen zum Eigenanbau und Eigenverbrauch besitzen.

Für Minderjährige bleiben Besitz und Konsum von Cannabis verboten. In ihrer Gegenwart dürfen auch Erwachsene kein Cannabis zu sich nehmen. Ein Konsumverbot besteht weiterhin unter anderem in Schulen, Kinder- und Jugendeinrichtungen, Sportstätten, Anbauvereinigungen und Fußgängerzonen zwischen 7 und 20 Uhr sowie in jeweiliger Sichtweite der genannten Örtlichkeiten (Abstand von ca. 100 Metern).

Ebenfalls verboten bleiben der An- und Verkauf von Cannabis ("Dealen"). Dazu zählt auch das Verschenken von Cannabis.

Wer nicht selbst Pflanzen anbauen möchte, kann das ab dem 1. Juli 2024 in Anbauvereinigungen tun. Diese sind als eingetragene nichtwirtschaftliche Vereine oder Genossenschaften organisiert und dürfen nicht mehr als 500 Mitglieder haben. Minderjährigen ist die Mitgliedschaft untersagt. Volljährige dürfen nur in einer Anbauvereinigung Mitglied sein und müssen aktiv am Anbau mitwirken.

2. Neue Strafbarkeitsrisiken

Mit Blick auf das Strafrecht heißt das, dass Cannabis und nichtsynthetisches Tetrahydrocannabinol (THC) zwar keine Betäubungsmittel im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes (BtMG) mehr sind. Wer aber mehr als 25 Gramm und bis zu 30 Gramm besitzt, begeht eine Ordnungswidrigkeit nach § 36 CanG. Gleiches gilt, wenn jemand über 50 Gramm bis zu 60 Gramm an seinem Wohnsitz besitzt.

Wird zum Beispiel die Grenze von 30 Gramm bzw. 60 Gramm überschritten, werden mehr als drei Cannabispflanzen angebaut oder wird weiterhin mit Cannabis Handel getrieben, droht eine Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe nach § 34 CanG.

In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt zum Beispiel vor, wenn der Täter gewerbsmäßig handelt oder sich die Handlung auf eine nicht geringe Menge bezieht.

Eine Freiheitsstrafe von nicht unter zwei Jahren riskiert, wer als über 21-jährige Person einen Minderjährigen zum Handeltreiben oder zur Einfuhr, Ausfuhr, Veräußerung, Ab- und Weitergabe oder zum sonstigen Inverkehrbringen bestimmt. Dieselbe Mindestfreiheitsstrafe droht bei einer Handlung, die sich auf eine nicht geringe Menge bezieht, und der Täter Mitglied einer Bande ist oder eine Schusswaffe oder einen sonstigen gefährlichen Gegenstand mit sich führt.

Außerdem wird der Verstoß gegen behördliche Erlaubnisvorgaben, Aufzeichnungspflichten, unerlaubte Werbung oder Sponsoring eine Ordnungswidrigkeit darstellen und mit einer Geldbuße geahndet. Auch ein Erlaubniswiderruf für die Anbauvereinigung kann erfolgen.

3. Laufende Verfahren und frühere Verurteilungen

Das neue CanG wirkt sich unmittelbar auf noch laufende Verfahren ab, das heißt solche, die noch nicht rechtskräftig abgeschlossen sind. Sofern das Verhalten nach dem neuen CanG nicht mehr strafbar ist, zum Beispiel da der Täter nur bis zu 25 Gramm mit sich geführt hat, ist das Verfahren einzustellen bzw. der Täter in der Hauptverhandlung freizusprechen.

Ist das Verhalten weiterhin strafbar, muss der nun günstigere Strafrahmen angewendet werden. Dieser Lex-mitior-Grundsatz ergibt sich aus § 2 Absatz 3 StGB und § 4 Absatz 3 OWiG. Noch nicht rechtskräftige Verurteilungen sind allein aufgrund der nun niedrigeren Strafrahmen nach § 354a StPO mit der Revision angreifbar.

Rechtskräftige Verurteilungen wegen Taten, die nach dem neuen CanG nicht mehr strafbar wären, sind aufgrund der Amnestie-Regelung in Artikel 313 Einführungsgesetz zum Strafgesetzbuch (EGStGB) nicht mehr durchsetzbar und vollstreckbar. Eintragungen im Bundeszentralregister wegen einer Handlung, für die das CanG keine Strafe mehr vorsieht, können gelöscht werden. Dabei ist ein Antrag der verurteilten Person an die Staatsanwaltschaft erforderlich.

4. Cannabis im Straßenverkehr

Noch keine Änderung gibt es des Grenzwertes der Ordnungswidrigkeit des § 24a Absatz 2 StVG. Hier gilt ein Wirkungsgrenzwert von 1,0 Nanogramm Tetrahydrocannabinol (THC) pro Milliliter Blutserum.

Eine vom Bundesministerium für Digitales und Verkehr eingesetzte Expertengruppe hat jedoch am 28. März 2024 einen neuen Grenzwert von 3,5 Nanogramm THC pro Milliliter Blutserum vorgeschlagen, bei dessen Erreichen nach dem aktuellen Stand der Wissenschaft das sichere Führen eines Kraftfahrzeuges im Straßenverkehr regelmäßig nicht mehr gewährleistet sein soll.

Bis das Straßenverkehrsgesetz nicht entsprechend angepasst ist, ist zumindest noch von dem THC-Grenzwert von 1,0 Nanogramm pro Milliliter Blutserum auszugehen.

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